Standort:
südwestlich
von Oberravelsbach am Fabricci-Straßl
48°32,14’ nördl.Br.
15°48,92’ östl.L.
Beschreibung:
Sockel, Säule mit figuraler Plastik
Maße:
Sockel 36 x 37cm; Gesamthöhe ca. 3,10
Entstehungszeit:
1728
4. Russenmadonna
Zur Geschichte des Bildstockes
Das Standbild ist auf der Josephinischen Landesaufnahme aus dem späten 18. Jahrhundert am Rittsteig südwestlich von Ober-
Ravelsbach bzw. südöstlich von Payrdorf eingezeichnet. Dieser Steig führte mit Bildstöcken besetzt ohne Ortschaften zu berühren
von der Donau nach Norden. Die Flurdenkmäler markierten die Abzweigungen zu den Ortschaften. Den Namen erhielt der Weg vom
althochdeutschen ritto, was Fieber bedeutete. In der Grenzbeschreibung des Franziszeischen Steuerkatasters für Baiersdorf 1823
wird der Bildstock als Steinernes Kreutz an diesem Weg von OberRavelsbach nach Zemling angeführt. Die Statue war lange Zeit in
bedauerlichem Zustand, hatten doch russische Soldaten nach dem 2. Weltkrieg den Bildstock für Schießübungen benützt, wodurch
der Maria das halbe Gesicht zerstört wurde. 1993 wurde er gründlich renoviert, wobei das Relief am Sockel gegen Osten – Hl Joseph
mit Kind und die Jahreszahl 1728 – und auch Teile einer Inschrift am Sockel gegen Norden:
..ebod Rössl
… fa Rösslin
1.7.1
erhalten blieben. Bei der letzten Renovierung 2014/2015 ordnete man das Joseph-Relief und die Jahreszahl 1728 am Sockel neu an,
die Rössl-Inschrift ging allerdings ‚verloren‘. Die Marienstatue selbst wurde jedoch samt Mond und Schlange vorzüglich
hergerichtet.
Die Familie Rössl
Durch die verdienstvolle Forschungstätigkeit des Herrn Hans Windbrechtiger aus Straß sind wir über die Entstehung der
Marienstatue ungewöhnlich gut informiert. Er fand nämlich im Stiftsarchiv Melk die Obliga[ti]on und Revers Von Leopold
Rössl und Eva desen Ehew[wir]t[hin] Wegen einer gesezten Saullen, Dat 20.Juny 1729. In seiner Publikation „Martersäulen zu
setzen erlaubt und Die Bestie im Menschen“(Strass 2011, S.89) ist der Text veröffentlicht: Das Ehepaar Rössl aus Ober-
Ravelsbach darf im Streidtfeld nördlich von Zemling alwo vorhin ein hölzernes Creuz gestanden eine Säule von außgehauenen
Stain zu Ehren der Unbefleckhten Empfengnus Mariae aufrichten lassen. Nach Leopolds Tod sollen aus der Verlassenschaft 20
Floren der Kirche Ravelsbach übergeben werden, damit zu allen Zeiten für die Instandhaltung der Säule gesorgt wird. Die
Jahreszahl 1728 – ehemals tief am Sockel, geteilt durch ein Relief des hl. Joseph mit Kind, angebracht – wird wohl das Jahr der
Errichtung des Flurdenkmales sein. Leider lassen die Lebenumstände der Familie Rössl keinen direkten Anlassgrund dafür
erkennen: 1716 heiratet Leopold Rössl, seines Handtwerckhs Ein Schneider aus Ober Ravelsbach, außerordentlich jung die Eva
Rabl aus Pfaffstetten. Die „verlorene“ Inschrift ..ebod Rössl |… fa Rösslin |1.7.1.. sollte vielleicht an diese Heirat erinnern. Von
den sieben Kindern werden Philipp (*1723, †1799) und Ferdinand (*1734, †1796) das Handwerk des Vaters in Ravelsbach
bzw. in Ober Ravelsbach weiterführen. Als Leopold Rössl am 1. Februar 1736 im 40. Lebensjahr stirbt, sendet der
Ravelsbacher Verwalter ziemlich prompt eine Kopie des Revers an das Kloster Altenburg, dem Grundherrn des Rössl. Der
begleitende Brief an den Kämmerer beginnt zwar durchaus ehrfürchtig, in der Sache allerdings ist die Forderung ganz klar
formuliert: Weillen also nunmehro des besagten Rössls Todtfall ervolget ist, ersucht der P. Petrus Hoffmann, gemelte Summa pr
20 fl vor allen andern beliebigen anhero abzuführen und zuerfolgen dero Befelch ergehen zulassen. Die Angelegenheit wurde
offenbar widmungsgemäß abgewickelt, denn sonst hätte KEIBLINGER nicht berichten können, daß die Kirche von Unter-
Ravelsbach offenbar im Testamentswege eine kleinere [sc.Glocke] von 255 Pfund 1797 von Ferdinand Rößl, Schneidermeister
zu Ober Ravelsbach, welcher früher auch das Zügenglöcklein hierher gestiftet hat, erhielt. Der Sohn des Leopold Rössl lebte
demnach im Frieden mit seiner Kirche.
Alte Rössl-Inschrift
Hl. Josef